Im Spiegel der geopolitischen Gegenwart
Übersicht
1. Die BRICS als eine Antiblock-Veranstaltung?
2. Die Blocklogik der Konfrontation und der Begriff der Feindschaft
3. Geopolitische Vernichtung versus geopolitisches Überleben
Anmerkungen
„Würde die pazifistische Gegnerschaft gegen den Krieg so stark, dass sie die
Pazifisten gegen die Nicht-Pazifisten in den Krieg treiben könnte, in einen
>Krieg gegen den Krieg<, so wäre damit bewiesen, dass sie wirklich
politische Kraft hat, weil sie stark genug ist, die Menschen nach
Freund und Feind zu gruppieren.“
(Carl Schmitt)1
1. Die BRICS als eine Antiblock-Veranstaltung?
Nach dem am 22./24. Oktober in Kasan stattgefundenen BRICS-Gipfel stellt sich erneut die Frage nach einer neuen Weltordnung. Die alte unipolare Welt geht zu Ende. Eine neue, im Entstehen begriffene Weltordnung ist noch nicht in Sicht. Der Zwischenzustand, in dem wir uns gerade befinden, ist eine Übergangszeit, in der die bestehende Unipolarität immer mehr zerbröselt, konturlos und amorph wird. Und keiner weiß derzeit, wie lange dieser Zwischenzustand noch andauern wird, was am Entwicklungsende geschieht und welche neuen Ordnungsstrukturen entstehen werden – πάντα ῥεῖ (Alles befindet sich im Fluss).
Die BRICS-Staaten, die den Anspruch erheben, eine bedeutende Rolle in diesem Erneuerungsprozess zu spielen, wissen zwar, welche Ordnungsprinzipien der neuen Weltordnung zugrunde gelegt werden müssen. Sie sind aber noch lange nicht soweit, ihre Ordnungsvorstellungen auch durchsetzen zu können.
Immerhin wissen sie, was sie nicht wollen: Sie wollen nicht der Westen 2.0 sein. Vielmehr begreifen sie sich als eine Vereinigung von unterschiedlichen Zivilisationen, die keine neue Hegemonie an die Stelle der alten, von den USA angeführten Hegemonialordnung errichten wollen.
Diese Vereinigung von unterschiedlichen Zivilisationen, die sich als ein Zusammenschluss von gleichberechtigten, gleichwertigen und gleichrangigen Partnern begreift, ist ihrem Macht- und Selbstverständnis nach antihegemonial und nichtblockbildend. Ist der Westen nach wie vor in der Blocklogik des „Kalten Krieges“ gefangen, so wehren sich die BRICS-Staaten nicht gegen den Westen, sondern gegen das westliche Postulat seiner zivilisatorischen Alternativlosigkeit.
Dem Universum des westlichen Universalismus setzen sie einen Pluriversum bzw. das „pluralistische Universum“ entgegen, worunter die Vielfalt der gleichberechtigt, gleichwertig und gleichrangig nebeneinander bestehenden Zivilisationen zu verstehen ist, die sich „gegen >monistischen< Anspruch einer alle Dinge als bloße Teile integrierenden und bestimmenden Ganzheit“2 wehrt.
Hier stehen zwei unterschiedliche Machtkonzepte und Machtverständnisse gegenüber. Sie gehen auf die Denkvoraussetzungen zurück, die nicht unterschiedlicher sein können. Dem sich noch im „Kalten Krieg“ ausgebildeten westlichen Machtblockdenken liegt die Unterscheidung von Freund und Feind zugrunde, die Carl Schmitt in seinem 1932 erschienenen Werk „Der Begriff des Politischen“ in einer bis heute unübertroffenen Weise theoretisch herausgearbeitet hat, wohingegen das Machtverständnis der BRICS-Staaten in ihrem antihegemonialen Selbstverständnis eine aus der westlichen Sicht utopisch anmutende Gleichwertigkeit und Gleichrangigkeit der souveränen Staaten und Zivilisationen propagiert, deren Zusammenschluss sich als eine nichtwestliche, aber eben nicht als antiwestliche Entität begreift und neben dem westlichen Machtblock besteht, ohne selber ein Machtblock bilden zu wollen.
Hätten die BRICS-Staaten einen Machtblock bilden wollen, so stünde sofort die Frage nach der Vasallität und Hegemonie des entstandenen Bündnisses. Denn die „Frage der Vasallität und der Hegemonie ist mit der Allianz unlöslich verbunden, sobald es sich nicht um ein Bündnis zwischen vollkommen Gleichen handelt.“3
Die BRICS-Formation ist aber weder antiwestlich noch bildet sie eine neue Allianz. Sie erweist sich vielmehr als eine nichtwestliche, universale Plattform zur Regelung und Regulierung der zwischenstaatlichen Beziehungen, nationalen Interessen und/oder bilateralen Konflikten, die nirgendwo sonst geregelt werden können. Das Treffen des chinesischen Staatsoberhaupts Xi Jinping mit dem indischen Premier Modi, das zum ersten Mal nach vier Jahren zwecks Regelung des Grenzkonflikts und unter einer offenkündigen Vermittlung Russlands zustande gekommen ist, zeigt die Bedeutung der BRICS als einer neuen universalen und internationalen Plattform zur Konfliktregelung und Konfliktlösung.
Und wenn der am BRICS-Gipfel teilgenommene neugewählte iranische Präsident Massud Peseschkian in einer Pressekonferenz sagt, dass der Gipfel in Kasan ihm „zehn Staatsbesuche“ erspart hat, dann unterstreicht diese nichtwestliche, vom Westen unabhängige universale Plattform ihre zukunftsträchtige Rolle als der Trendsetter der internationalen Beziehungen.
Der Grund für diese erstaunliche Entwicklung ist nicht nur die vom Ukrainekrieg ausgelöste geopolitische Revolution,4 sondern auch eine ganz andere geopolitische Philosophie5, die die BRICS-Plattform verkörpert. Freilich muss sie sich im globalen Raum erst behaupten und ihre Überlebensfähigkeit unter Beweis stellen. Die Beteuerung der BRICS-Staaten, dass sie keine antiwestliche Veranstaltung sei, ist insofern richtig, als sie sich nicht unmittelbar gegen die westliche Weltdominanz richtet.
Ihre bloße Existenz, die neben und nicht innerhalb der westlichen, von den USA dominierten Weltinstitutionen besteht, stellt aber den Hegemonialanspruch der USA, überall und zu jeder Zeit das letzte Wort haben zu wollen, automatisch in Frage. Und in diesem Sinne ist sie antihegemonial und folglich gegen die US-Weltmachtstellung gerichtet.
Als eine im Jahr 2024 um weitere vier Mitglieder erweiterte Weltorganisation überwinden die BRICS-Staaten, so gesehen, Schmitts Unterscheidung von Freund und Feind nicht, sondern heben diese auf eine ganz andere, friedensfördernde Ebene der zwischenstaatlichen Beziehungen, die in sich potenziell und tendenziell durchaus einen blockvoraussetzenden Charakter tragen, ohne laut den eigenen Bekundungen ein Machtblock sein bzw. einen solchen bilden zu wollen.
2. Die Blocklogik der Konfrontation und der Begriff der Feindschaft
Das sich im „Kalten Krieg“ ausgebildete Machtblockdenken ist das Relikt der Vergangenheit und geht bereits auf die Bildung von Allianzen und Bündnissen im Zeitalter des europäischen Imperialismus zurück. Bis in das letzte Viertel des 19. Jahrhunderts waren „feste und zeitlich langfristige oder unbefristete Bündnisse zwischen den europäischen Staaten eine seltene Ausnahme“6, weil das europäische Staatensystem auf einer Politik der Staatsräson beruhte, welche die Flexibilität bei der Machtverteilung ermöglichte.
Erst Carl Schmitt lieferte mit seinem „Begriff des Politischen“ eine theoretische Grundlage für das Machtblockdenken. Mit seiner Unterscheidung von Freund und Feind hat er nicht etwa eine triviale rhetorische Floskel formulieren, sondern die – wie er es nannte – „seinsmäßige Behauptung der eigenen Existenzform“ des „Politischen“ zum Ausdruck bringen wollen, in der ein Volk als eine staatlich organisierte Einheit im ständigen Machtkampf ums Überleben seine „seinsmäßige Bedeutung“ bekräftigt.7
Und diese Bekräftigung setzt Schmitts Unterscheidung von Freund und Feind voraus. Insbesondere in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat „der Begriff des Politischen“ ein großes Interesse geweckt und eine rege Forschung ins Leben gerufen; selbst von einer „Grundlegung einer philosophischen Theorie des Politischen“ war die Rede.8
Was sich hinter diesem „geheimnisumwitterten“ „Begriff des Politischen“ verbirgt, ist allein vor dem Hintergrund der Weimarer Verhältnisse zu verstehen. Rückblickend kann man aber zudem mit Fug und Recht behaupten, dass Schmitt mit seinen Überlegungen über den „Begriff des Politischen“ Anfang der 1930er-Jahre theoretisch auch die Blockkonfrontation des „Kalten Krieges“ vorweggenommen hat.
Was damit gemeint ist, hat Schmitt (ebd., 50) selber klar und deutlich formuliert:
„Solange ein Volk in der Sphäre des Politischen existiert, muss es, wenn auch nur für den extremsten Fall – über dessen Vorliegen es aber selbst entscheidet – die Unterscheidung von Freund und Feind selber bestimmen. Darin liegt das Wesen seiner politischen Existenz. Hat es nicht mehr die Fähigkeit oder den Willen zu dieser Unterscheidung, so hört es auf, politisch zu existieren. Lässt es sich von einem Fremden vorschreiben, wer sein Feind ist und gegen wen es kämpfen darf oder nicht, so ist es kein politisch freies Volk mehr und einem anderen politischen System ein oder untergeordnet.“
Sieht man von den innenpolitischen Implikationen des Begriffs ab, so definiert Schmitt hier „das Politische“ in dessen extremster Äußerung als die existenzielle Form des Überlebens eines staatlich organisierten Volkes, die einen Außenfeind zur Voraussetzung hat. Das Politische definiert sich, anders formuliert, durch den Begriff der Feindschaft. Im Feindschafsbegriff „liegt das Wesen seiner politischen Existenz“. Fehlt ein solches auf den Begriff der Feindschaft zurückgehendes Machtverständnis, so hört das Volk auf, „politisch zu existieren“, weil es unter den Bedingungen der die staatliche Einheit existenziell bedrohenden und gefährdenden Konfrontation nicht überleben kann.
Und lässt es von einer fremden Macht die Feindschaft zu wem auch immer vorschreiben, so hört es ebenfalls auf, ein „politisch freies Volk mehr“ zu sein und ordnet seinen Machtwillen unweigerlich „einem anderen politischen System“ unter.
Und dieser so verstandene „Begriff des Politischen“, der sich um den Begriff der Feindschaft zentriert, liegt der Blocklogik der Konfrontation des „Kalten Krieges“ zugrunde, die der Westen bis heute nicht überwunden hat. Gefangen in dieser Blocklogik, definiert er seine geopolitische Existenz durch den Begriff der Feindschaft.
Der Feind muss – folgt man der Blocklogik der Konfrontation – niedergerungen werden, will der Westen nach innen seine politische Freiheit bewahren und nach außen seine Weltdominanz aufrechterhalten. Verzichtet er auf den Begriff der Feindschaft, ist er in seiner ganzen Existenz bedroht, hört auf, als Machtblock geo- und sicherheitspolitisch zu existieren und wird seinem geopolitischen Rivalen ein oder untergeordnet.
Setzt der „Begriff des Staates“ laut Schmitt „den Begriff des Politischen voraus“, so setzt die Blocklogik der Konfrontation den Begriff der Feindschaft voraus, den die BRICS-Plattform zu überwinden glaubt. Wird dieser Glaube tatsächlich zur geopolitischen Realität, so wird Schmitts theoretisches Gebäude entweder wie ein Kartenhaus zusammenfallen oder die Blocklogik der Konfrontation wird sich geopolitisch als überholt erweisen.
3. Geopolitische Vernichtung versus geopolitisches Überleben
Nun versucht der Westen dem Rest der Welt glaubhaft zu versichern, dass es ihm in erster Linie nicht um die Aufrechterhaltung oder Ausweitung seiner Weltmachtstellung, sondern allein um die Missionierung und Propagierung von Demokratie und Menschenrechten geht. Eine solche „glaubhafte“ Versicherung hat nur einen Haken. Sie ist eben nicht glaubhaft, solange ihr die Blocklogik der Konfrontation zugrunde liegt, deren Machtverständnis sich an Carl Schmitts „Begriff des Politischen“ orientiert.
Das Politische habe laut Schmitt keine moralische, ästhetische oder axiologische Eigenschaft. Es orientiert sich nur an der ontologischen bzw. „seinsmäßigen“ Bestimmung der Feindschaft, dergestalt, dass allein schon die bloße Existenz des geopolitischen Rivalen bzw. des „politischen Feindes“ eine akute Bedrohung des „Politischen“ darstellt.
Und genau darin besteht laut Schmitt „das Wesen“ des auf die Unterscheidung von Freund und Feind zurückzuführenden „Begriff des Politischen“. Schmitts Begriff der Feindschaft ist ontologisch und nicht ökonomisch, moralisch oder axiologisch fundiert. Denn im „Bereich des ökonomischen gibt es … keine Feinde, sondern nur Konkurrenten, in einer restlos moralisierten und ethisierten Welt … nur noch Diskussionsgegner … Hier handelt es sich nicht um Fiktionen und Normativitäten, sondern um die seinsmäßige Wirklichkeit und die reale Möglichkeit dieser Unterscheidung.“9
„Der politische Feind braucht nicht moralisch böse, er braucht nicht ästhetisch hässlich zu sein; er muss nicht als wirtschaftlicher Konkurrent auftreten, und es kann sogar vorteilhaft scheinen, mit ihm Geschäfte zu machen. Er ist eben der andere, der Fremde, und es genügt zu seinem Wesen, dass er in einem besonders intensiven Sinne existenziell etwas anderes und Fremdes ist, sodass im extremen Fall Konflikte mit ihm möglich sind, die weder durch eine im Voraus getroffene generelle Normierung, noch durch den Spruch eines >unbeteiligten< und daher >unparteiischen< Dritten entschieden werden können.“10
Genau dieser ontologisch fundierte Begriff der Feindschaft liegt der westlichen Blocklogik der Konfrontation selbst nach dem Ende des „Kalten Krieges“ zugrunde, die in China und Russland einen existenziellen, die westliche Zivilisation bedrohenden „absoluten Feind“ sieht, der die ökonomische und axiologische Weltmachtstellung des Westens auszuhebeln droht. Mit einem solchen Feind verhandelt man nicht, sondern führt einen gnadenlosen geopolitischen, geoökonomischen und axiologischen Machtkampf, um ihm „eine strategische Niederlage“ zuzufügen.
Wenn dieser Machtkampf aber scheitert, dann versucht man wie im Falle des Ukrainekrieges die Friedensbedingungen zu diktieren.
Angesichts einer sich immer deutlicher abzeichnenden ukrainischen Kriegsniederlage spricht der Westen sich in der letzten Zeit für Verhandlungen zur Regelung und/oder Eindämmung des Ukrainekonflikts aus. Da er aber gleichzeitig von Verhandlungen „aus der Position der Stärke“ spricht, ist es zweifelhaft, ob es sich hier tatsächlich um Verhandlungen und nicht vielmehr um Diktat handelt.
Merkwürdig ist nur, dass der Westen, der auf dem ukrainischen Schlachtfeld eine Niederlage erleidet, dessen ungeachtet glaubt, Russland die Friedensbedingungen diktieren zu können. Das ist nur damit zu erklären, dass sich die westlichen Machteliten angesichts des ontologisch fundierten Begriffs der Feindschaft außer Diktat, nachdem eine geopolitische „Vernichtung“, sprich: eine „strategische Niederlage“, gründlich misslungen ist, auch nichts anders vorstellen können.
Vor diesem Hintergrund bleibt es Russland auch nichts anders übrig – da es den Ukrainekonflikt in erster Linie als einen Krieg gegen die Nato auf ukrainischem Boden begreift -, als sich im eigenen geo- und sicherheitspolitischen Interesse vehement gegen die Kolonisierung der Ukraine als Teil des ostslawischen Raumes durch den Westen zur Wehr zu setzen.
In diesem Abwehrkampf gegen die raumfremden Mächte geht es Russland nicht mehr und nicht weniger als um seinen geopolitischen Selbstbehauptungswillen und nur so glaubt es als geopolitischer Machtspieler überleben und – um Schmitts Terminologie zu bemühen – seine „Sphäre des Politischen“ bzw. des Geopolitischen aufrechterhalten bzw. perpetuieren zu können. Andernfalls wird es von der geopolitischen Weltkarte verschwinden.
Denn dadurch, „dass ein Volk nicht mehr die Kraft oder den Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk.“11 Damit das nicht passiert, kämpft Russland ums geopolitische Überleben gegen einen mächtigen geopolitischen Rivalen, der seine geopolitische Vernichtung anstrebt, die euphemistisch unter dem Schlagwort „strategische Niederlage“ camoufliert wird.
In diesem geopolitischen Machtkampf um die Ukraine stehen sich zwei unterschiedliche Begriffe der Feindschaft gegenüber. Geht es Russland in seiner defensiven Abwehrstrategie gegen die Expansion der raumfremden Mächte (= Nato-Expansionspolitik)13 um das geopolitische Überleben, das auch einen Kompromiss zulässt, weil es im Westen einen Rivalen – einen Gegner -, aber keinen „absoluten Feind“ bekämpft, so liegt dem Westen in seinem nicht enden wollenden Machtkampf gegen Russland Schmitts ontologisch fundierter Begriff der Feindschaft zugrunde, der keinen Kompromiss zulässt, weil er auf die geopolitische Vernichtung des Feindes hinaus ist.
Und in diesem geopolitischen Machtkampf ums Überleben oder Vernichtung zeigt sich Schmitts zutreffende Feststellung, dass nur eine konkrete „politische Einheit …, die reale Möglichkeit des Feindes und damit eine andere koexistierende, politische Einheit voraus(setzt),“ zum Krieg fähig und willig ist. „Die Menschheit als solche kann keinen Krieg führen, … sie hat keinen Feind, wenigstens nicht auf diesem Planeten.“12
Dieser 1932 formulierte Satz hat heute im nuklearen Zeitalter ihre uneingeschränkte Gültigkeit verloren und kann nur als Hypothese seine Geltung beanspruchen. Denn solange unsere geopolitische Rivalität allein und ausschließlich vom ontologischen Begriff der Feindschaft geleitet wird, kann die Menschheit sich selbst absichtlich oder unabsichtlich in die Luft sprengen und als solche aufhören zu existieren, auch wenn sie sich selbst nicht zum Feind erklären kann.
Das führt aber wiederum dazu, dass unsere Perzeption des geopolitischen Rivalen nicht allein von Schmitts ontologischem Begriff der Feindschaft bestimmt werden darf, wenn die Menschheit überleben will. Denn wenn es um das Überleben und nicht um die Vernichtung der Menschheit geht, wird diese so begriffene Feindschaft zum Menetekel und es geht dann nicht mehr nur um einen geopolitischen Machtkampf und den Selbstbehauptungswillen des „Politischen“, sondern ums nackte Überleben der Menschheit selbst.
Anmerkungen
1. Schmitt, C., Der Begriff des Politischen. Berlin 1932, 36 f.
2. Hofmann, H., „Die Welt ist keine politische Einheit, sondern ein politisches Pluriversum“. Menschenrecht im
politischen Pluriversum? In: Mehring, R. (Hrsg.), Carl Schmitt. Der Begriff des Politischen. Ein kooperativer
Kommentar. Berlin 2003, 111-122 (111 f.).
3. Ruehl, L., Machtpolitik und Friedensstrategie. Hamburg 1974, 99 f.
4. Silnizki, M., Geopolitische Revolution. Im Schlepptau des Ukrainekonflikts. 31. Januar 2023,
www.ontopraxiologie.de.
5. Silnizki, M., Zwei geopolitische Philosophien. Folgen des BRICS-Gipfels. 11. September,
www.ontopraxiologie.de.
6. Ruehl, L., Machtpolitik und Friedensstrategie. Einführung General Steinhoff. Hamburg 1974, 100.
7. Vgl. Schmitt (wie Anm. 1), 50.
8. Vollrath, E., Grundlegung einer philosophischen Theorie des Politischen. Königshausen und
Neumann 1987.
9. Schmitt (wie Anm. 1), 28 f.
10. Schmitt (wie Anm. 1), 27.
11. Schmitt (wie Anm. 1), 54.
12. Schmitt (wie Anm. 12).
13. Vgl. Silnizki, M., Dreißig Jahre Nato-Expansion. Zur Vorgeschichte des Ukrainekonflikts. 4. Oktober 2023,
www.ontopraxiologie.de.