Verlag OntoPrax Berlin

Pax Americana unter Trump

Die Rückkehr des Geo-Bellizismus

Übersicht

1. „Handel ohne Amerika“
2. Destruiert Trump die Pax Americana?
3. Trumps Eskalationsstrategie

Anmerkungen

„Mache das Mögliche für Dich und Gott wird das Unmögliche für Dich machen.“
(Mahabharata)

1. „Handel ohne Amerika“

„Die Welt steuert auf einen Handel ohne die USA“ (The world is moving on to trade without the USA) überschreibt der Kolumnist Ruchir Sharma am 26. Januar 2025 seinen Beitrag in der Financial Times. In der Weltwirtschaft findet ein rasanter Wandel statt und dieser Wandel geschieht bei gleichzeitiger Abnahme des Außenhandels mit den USA. Das ist die Kernthese des Financial Times-Kolumnisten.

„Viele Länder reagieren auf die Trump-Zölle (Trump tariffs) nicht mit Vergeltung, sondern mit Ab- und Umwerbung anderer Handelspartner“, schreibt er in seinem Beitrag. Seit Jahren bestrafen die USA mit Sanktionen Freund wie Feind und setzen Zölle als Waffe ein.

Und selbst die von Trump in seiner ersten Amtszeit (2017-2021) verhängten Strafzölle wurden von Joe Biden größtenteils beibehalten oder gar, wie im Fall Chinas, ausgeweitet. Der Welthandel ist seit 2017 mit knapp 60 Prozent des globalen BIP mehr oder weniger stabil geblieben, wohingegen der US-Anteil am Welthandel zurückgegangen ist.

Trumps zweite Amtszeit werde diesen langfristigen Trend: „Handel ohne Amerika“ (trade without America) weder stoppen noch umkehren können, prognostiziert Sharma. Gemessen am nationalen BIP, ist der Außenhandelsanteil in den vergangenen acht Jahren in vier von fünf Entwicklungs- und Industrieländern von Japan, Italien und Schweden bis Vietnam, Griechenland und der Türkei gestiegen.

Zuwächse von über zehn Prozentpunkten wurden verzeichnet. Die große Ausnahme sind die USA, wo der Außenhandelsanteil am BIP auf rund 25 Prozent gesunken ist. Die USA sind zwar schneller als die meisten ihrer Wirtschaftspartner gewachsen, aber ohne Impulse aus dem Außenhandel.

Zwar ist der US-Anteil an den globalen Aktienindizes auf fast 70 Prozent und am globalen BIP sogar auf über 25 Prozent gestiegen. Dieser Anstieg ist aber allein einer dramatischen Ausweitung der US-Verschuldung und der daraus resultierenden Vermögenspreisinflation zu verdanken.

Der US-Anteil am globalen Außenhandel liegt hingegen unter 15 Prozent und ist in den letzten acht Jahren deutlich zurückgegangen. Von den zehn am schnellsten wachsenden Handelsströmen haben fünf einen Endpunkt in China und nur zwei in den USA, stellt Sharma fest und bezweifelt anschließend Trumps Behauptung, dass die Strafzölle Respekt verschaffen und helfen würden, die globale Macht der USA wiederherzustellen.

Strafzölle seien vielmehr eine „Form des Populismus“, der „den Gesetzen der unbeabsichtigten Folgen“ unterliege. „Das >America first<-Zollregime“ (the „America first“ tariff regime) habe bisher jedenfalls seinem Hauptadressaten China weniger geschadet als den US-Verbündeten und ausgerechnet diese sind gezwungen, sich nach anderen Handelsoptionen umzuschauen.

Das Zollrisiko bestehe weniger darin, die Handelskriege auszulösen, als vielmehr darin, die USA als Handelsmacht zu untergraben und ihre Wirtschaftskraft zu schwächen, resümiert Sharma folgerichtig.

Trump, der bereits in seiner ersten Amtszeit sich selber als „tariff man“ bezeichnete, schadet mit seiner Zollpolitik der eigenen Volkswirtschaft und nimmt diese Kalamität offenbar billigend in Kauf. Denn die geplanten Strafzölle sind „selbstschädigend, wenn auch weniger gravierend als das Schuldenexperiment“, bestätigt auch der Harvard-Ökonom, Kenneth Rogoff, fügt aber gleich hinzu: Die Schulden werden „dafür sorgen, dass die Zinsen hoch bleiben … Wir haben Defizite zwischen sechs und sieben Prozent, das sind Defizite für Kriegszeiten.“1

Die Strafzölle sind zudem inflationstreibend. „Das US-Wirtschaftsforschungsinstitut PIIE erwartet eine um 1,3 Prozentpunkte höhere Inflation im kommenden Jahr, sollte Trump seine Zollpläne vollumfänglich verwirklichen“, schrieb das Handelsblatt bereits am 11. November 2024, S. 30.

Dass eine solche aggressive, protektionistische Außenwirtschaftspolitik bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Verschuldungsgrenze die USA nicht reicher, sondern ärmer macht, versteht sich von selbst. Auf Pump und auf Kosten des Restes der Welt zu leben, bedeutet nicht Reichtum, sondern Insolvenzverschleppung.

Wie lange dieses Geschäftsmodell bestehen bleibt, wissen heute vermutlich nicht einmal die Wirtschaftsnobelpreisträger.

Dass dieser Zustand aber nicht ewig andauern kann, daran dürfte wohl kein Zweifel bestehen vor dem Hintergrund einer sich rasant verändernden Weltwirtschaft, des Aufstiegs der immer größer und mächtig werdenden Wirtschaftsnationen wie China, Indien, Indonesien und Co. und nicht zuletzt einer fortschreitenden Schrumpfung des Außenhandelsvolumens der USA.

Trump muss aufpassen, dass seine Außenwirtschaftspolitik nicht nur zum „Handel ohne Amerika“ (trade without America), sondern auch zum Handel ohne Dollar führen kann.

2. Destruiert Trump die Pax Americana?

Wie kommt Donald Trump zu einer solchen Außenwirtschaftspolitik, die sowohl außen- als auch innenpolitisch selbstzerstörerisch wirkt? Woher stammen seine Visionen für Amerika? Worum es Trump geht, hat er bereits 2011 auf der Titelseite seines Buches „Time to Get Tough – Making America #1 Again“ öffentlichkeitswirksam formuliert.

Das Buch wurde 2015 unter dem Titel „Time to Get Tough – Make America Great Again“ neu aufgelegt, passend zu Trumps Wahlkampfslogan von 2016, wobei der Slogan „Make America Great Again“ lediglich der Untertitel des Werkes war. Der Haupttitel „Time to Get Tough“ (Es ist Zeit, hart durchzugreifen) war die programmatische Sinngebung seines Wahlkampfes von 2016, die letztlich auf eine Destruktion des bestehenden Systems hindeutete.

David A. Arnott bestätigte in seiner Stellungnahme vom 22. September 2015 mit Verweis auf Trumps Herausgeber diesen Eindruck, als er schrieb, dass „Herr Trump“ mit seinem Werk „darlegt, wie das verkrüppelte Amerika (crippled America) wieder zu alter Größe zurückfinden kann.“

Seit der ersten Amtszeit hat sich Trumps Meinung vom „verkrüppelten Amerika“ nicht geändert. Ganz im Gegenteil: Nach Bidens vierjähriger Amtszeit hätte sich Amerikas Weltmachtstellung seiner Meinung nach weiter verschlimmbessert.

Und nun schlägt das außenpolitische US-Establishment zurück, ist alarmiert und prophezeit mit Trumps Machtübernahme den Untergang Amerikas, wie man zuletzt in einem Artikel von eingefleischten Transatlantikern – dem ehem. US-Botschafter bei der Nato, Ivo H. Daalder (2009-2013), und Director of Fellowship Affairs beim Council on Foreign Relations, James M. Lindsay, nachlesen kann.

„Die Pax Americana ist vorbei. Geboren mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941, starb die von den USA angeführte internationale regelbasierte Ordnung mit der zweiten Inauguration von Donald J. Trump“ (Pax Americana is gone. Born with the Japanese attack on Pearl Harbor on December 7, 1941, the U.S.-led international rules-based order died with the second inauguration of Donald J. Trump), schreiben sie besorgt gleich im ersten Satz ihres Beitrags „The Price of Trump’s Power Politics“ in Foreign Affairs am 30. Januar 2025.

Als würde die „Pax Americana“ nicht schon seit Langem auf dem Sterbebett liegen und als hätte die Biden-Administration mit ihrer kurzsichtigen und verbissenen Außenpolitik, die eher an den Ost-West-Konflikt des 20. Jahrhunderts als an eine zeitgemäße Außenpolitik des 21. Jahrhunderts erinnert, der US-Hegemonie nicht den letzten Todesstoß gegeben, sind Daalder/Lindsay über Trumps Außenminister, Marco Rubio, empört, der es gewagt hat, festzustellen: „Die globale Nachkriegsordnung ist nicht nur obsolet“ (The postwar global order is not just obsolete). „Sie ist jetzt auch eine Waffe, die gegen uns gerichtet ist,“ erklärte Rubio bei seiner Anhörung im Senat.

Dass zum Niedergang der „globalen Nachkriegsordnung“ die US-Demokraten einen maßgeblichen Beitrag geleistet haben, regierten sie doch seit dem Untergang des Sowjetkommunismus zwanzig von insgesamt zweiunddreißig Jahren, möchten Daalder/Lindsay freilich nicht wahrhaben.

Dass die Biden-Administration alles getan hat, damit die strategische Partnerschaft zwischen Russland und China noch enger wird, möchten sie ebenfalls nicht wahrhaben und beklagen „Trumps Skepsis gegenüber der US-Unterstützung für die Ukraine und Taiwan“ (Trump’s skepticism about U.S. support for Ukraine and Taiwan).

Trumps Kritiker haben immer noch nicht verstanden, dass der Erosionsprozess der Pax Americana der unzeitgemäßen US-Außenpolitik der vergangenen drei Jahrzehnten zu verdanken ist, die auf den „Kalten Krieg“ des 20. Jahrhunderts zurückgeht und die neuentstandene geopolitische Realität des 21. Jahrhunderts ignoriert.

Wie wenig sie das begriffen haben, zeigt ihre Behauptung, dass „die nackte Machtpolitik für die USA ein fremdes, für ihre derzeitigen Rivalen (Russland und China) aber ein vertrautes Terrain ist“ (Naked power politics is alien terrain for the United States, but it is familiar territory to its current rivals).

Zwar gestehen sie selber freimutig ein, dass „die Ära der Pax Americana lange vor Trumps Aufstieg die Saat für ihre eigene Destruktion legte“ (the era of Pax Americana … planted the seeds of its own destruction well before Trump’s ascent), weil „die amerikanische Hybris zu kostspieligen und demütigenden Kriegen in Afghanistan und im Irak geführt hat“ (American hubris had led to costly, humiliating wars in Afghanistan and Iraq).

Statt aber diese Erkenntnis der eigenen Analyse zugrunde zu legen und den eigentlichen Grund für die Destruktion der US-Hegemonie im exzessiven Gebrauch der „nackten Gewalt“ (naked power) zu sehen, die die US-Außenpolitik im vergangenen Vierteljahrhundert ausgeübt hat, beschuldigen Daalder/ Lindsay die „Autokraten“ – „den chinesischen Präsidenten Xi Jinping“ und „den russische Präsident Wladimir Putin“ – die Pax Americana zusammen mit Trump destruieren zu wollen.

Unsere Kritiker sind offenbar über Trumps Machtübernahme derart entsetzt, dass sie sich dazu hinreißen lassen, Freund wie Feind der US-Hegemonie undifferenziert in einen Topf zu werfen. Trump geht es allerdings nicht um Destruktion, sondern um Transformation der Pax Americana. Dass aus einer Transformation Destruktion werden könnte, das ist freilich in der Tat nicht ganz auszuschließen.

3. Trumps Eskalationsstrategie

Trumps Vision ist die Rettung des „verkrüppelten Amerikas“ bzw. von der Pax Americana zu retten, was noch zu retten ist. Allein wie er das tut, bringt Daalder/ Lindsay in Rage. Was sie empört, ist nicht etwa Trumps Außenwirtschaftspolitik, die mit den Strafzöllen und Handelskriegen die Pax Americana destruiert, weil sie eher zum „Handel ohne die USA“ als zu deren Rettung führt.

Unseren Autoren geht es allerdings nicht um die geoökonomische Dimension der Destruktion von Trumps Außenwirtschaftspolitik. Sie empören sich vielmehr über „das Drehbuch zwischen Putin und Xi“ (the Putin-Xi Playbook), das sich Trump angeblich zu eigen macht. Trump ahme Putin und Xi nach und betrachte sie und nicht seine Verbündeten wie Japans Shigeru Ishiba, Frankreichs Emmanuel Macron oder den britischen Keir Starmer als seinesgleichen.

Das Entsetzen von Daalder/ Lindsay kennt keine Grenzen: Trump lobe ihrer Empörung zufolge die Autokraten und scheine damit einverstanden zu sein, Chinas und Russlands Einflusssphären zu akzeptieren, wenn diese sich dafür erkenntlich zeigen. Er habe es gewagt, den ukrainischen „Präsidenten“ Wolodymyr Selenskyj und nicht Putin für den Krieg in der Ukraine verantwortlich zu machen, und befürworte eine Lösung des Ukrainekrieges mit einem Abkommen, das ukrainisches Territorium an Russland abtrete und die Ukraine vom Nato-Beitritt ausschließe. Ungeheuerlich!

Schlimmer noch: Trump propagiere „die Rückkehr zur Machtpolitik des 19. Jahrhunderts“ (return to nineteenth-century power politics). Die USA können aber an dieser „nackten Machtpolitik“ (naked power politics) scheitern, weil China und Russland angeblich darin besser seien.

Denn Trump seien wegen dem politischen System der USA die Hände gebunden, wohingegen „China und Russland eine nahezu vollständige Kontrolle über ihre Bevölkerungen ausüben, indem sie Angst, Überwachung und Unterdrückung einsetzen, um die Bürger bei der Stange zu halten.“

Diese abstrusen Thesen und bloßen Behauptungen der alten Garde des außenpolitisch gescheiterten US-Establishments entbehren jeder Substanz. Daalder/ Lindsay leben immer noch in der Welt des 20. Jahrhunderts, die mit der geopolitischen und vor allem geoökonomischen Realität des 21. Jahrhunderts nichts mehr zu tun hat. Russland ist heute weder ein Epizentrum des Weltkommunismus noch ein Überwachungs- und Unterdrückungsstaat nach sowjetischem Vorbild und übte in vergangenen dreißig Jahren im Gegensatz zu den USA keine auf die Expansion und Hegemonie angelegte „nackte Machtpolitik“ aus.

Und was China angeht, so ist es im 21. Jahrhundert zu einem ökonomischen und technologischen Koloss aufgestiegen, ohne dabei „nackte Gewalt“ anwenden bzw. Kriege führen zu müssen.

Die USA ernten heute demgegenüber mit dem Krieg in der Ukraine die Früchte jener Nato-Expansionspolitik, vor der Russland bereits seit der prowestlich orientierten Regierung Jelzins/Kosyrew stets gewarnt hat. Zum Schluss ihrer abenteuerlichen Thesen und Behauptungen rufen die Empörten die US-Verbündeten dazu auf, Trump Widerstand zu leisten.

Sie zweifeln allerdings selbst daran, dass die EU-Europäer dazu überhaupt in der Lage wären. „Zuerst müssen sie erkennen, dass die Ära der Pax Americana vorbei ist und die Ära der Machtpolitik zurückgekehrt ist“ (First, they must recognize that the era of Pax Americana is over and the era of power politics has returned), beteuern sie und fügen gleich hinzu:

Das Einzige, was Trump verstehe, sei Macht. Und wenn die US-Verbündeten zusammenarbeiten, können sie ihm mit vielen ihrer eigenen Kräfte entgegentreten. Wenn es gelinge, ihre Ressourcen gemeinsam zu bündeln, könnten sie auch einige der schlimmsten außenpolitischen Impulse Trumps abschwächen. Das könnte wiederum die Gelegenheit schaffen, auf dem Weg dorthin eine neue globale Ordnung (global order) zu schaffen, die mit der Pax Americana vergleichbar wäre und Frieden und Wohlstand garantierte.

Dass die US-Verbündeten zu einem machtvollen Widerstand gegen Trumps „nackte Machtpolitik“ in der Lage wären, ist ein Wunschdenken jenes außenpolitischen US-Establishments, das realitätsentrückt immer noch von der Rückkehr zur Pax Americana der „glorreichen 1990er-Jahre“ träumt, die einen ideologischen Sieg über die verhasste Sowjetunion errungen hat.

Trump stelle, anders gesagt, mit seiner Außenpolitik als Außenwirtschaftspolitik die ideologische Traumwelt der Neocons und der liberalen Internationalisten in Frage. Das ist der Haupteinwand der Ideologen der Unipolarität, der die US-Hegemonie zugrunde liegt.

Aber stimmt das überhaupt? Das Hauptproblem von Trumps Kritiker besteht darin, dass sie das Fortbestehen der US-Hegemonie nach wie vor an die militärische, ökonomische, technologische und axiologische Überlegenheit des Westens koppeln, die nicht mehr gegeben ist.

Diese sich in den 1990er-Jahren infolge des Untergangs des Sowjetsystems herausgebildete und auf dem westlichen Wertuniversalismus beruhende Ideologie der globalen Dominanz, wie sie von den Neocons und den liberalen Internationalisten propagiert und missioniert wurde, ist krachend gescheitert.

Sie ist deswegen gescheitert, weil die in den vergangenen dreißig Jahren neu entstandenen geopolitischen und geoökonomischen Existenzbedingungen des globalen Raumes keine globale Dominanz des Westens mehr akzeptiert und der real existierende Wertpluralismus keinen westlichen Universalismus mehr duldet.

Denn die Ideologie der globalen Dominanz hat zwecks Durchsetzung des westlichen Wertuniversalismus statt Weltfrieden und weltweiter Sicherheit Krieg, Gewalt und Zerstörung mit sich gebracht. Sie führte zur Militarisierung der US-Außenpolitik und – damit eng verbunden – zur exzessiven Anwendung von Gewalt, die die Pax Americana nicht gestärkt, sondern ganz im Gegenteil geschwächt und destruiert hat.

Was Trump versucht, ist diese axiologisch fundierte Ideologie der globalen Dominanz vom US-Hegemonialanspruch auf die Weltdominanz zu entkoppeln und auf die westliche Hemisphäre zu beschränken, um von der US-Hegemonie zu retten, was noch zu retten ist. Von daher ist der Vorwurf seiner Kritiker zu verstehen, die ihm die „nackte Machtpolitik“ des 19. Jahrhunderts vorhalten, die unvermeidbar zur Teilung der Welt in Einflusssphären unter den Großmächten führen wird.

Das ist zwar nicht das primäre außenpolitische Ziel der Trump-Administration. Trumps rabiate Außenwirtschaftspolitik kann aber genau dazu führen. Denn seinem Versuch der Rettung der Pax Americana durch die Entkopplungsstrategie liegt ein Handelskrieg zugrunde, der mittels geoökonomischer und monetärer Pression die US-Hegemonie mit zweifelhafter Erfolgsaussicht zu stabilisieren sucht.

An Stelle der Militarisierung der US-Außenpolitik tritt jetzt die Geoökonomisierung der Geopolitik, die Trump bereits in seiner ersten Amtszeit erfolglos praktizierte und die ich zu seiner Zeit als Geo-Bellizismus bezeichnete.2

Trumps Protektionismus und Merkantilismus wirkten wie eine dauerhafte geoökonomische Eskalationsstrategie zur Destabilisierung der Weltwirtschaftsordnung.

Trump geht es heute genauso, wie in seiner ersten Amtszeit, nicht mehr darum, ob von einem stabilen hegemonialen System nur der Hegemon und eine geringe Anzahl von Nationen auf Kosten anderer Nationen profitieren, sondern heute stellt sich eine ganz andere Frage, ob nämlich die alten Profiteure der bestehenden Weltwirtschaftsordnung auch morgen die alten bleiben bzw. die neuen werden können.

Das ist der eigentliche Dreh- und Angelpunkt seiner Außenpolitik und seines Machtkampfes um die Weltmärkte, globale Ressourcen und nicht zuletzt um die Aufrechterhaltung der Pax Americana. Dabei spielt das ideologische Geplänkel der abgewirtschafteten globalen Machteliten, die den ökonomischen und technologischen Aufstieg Chinas und die militärische Erstarkung Russlands nicht verhindern konnten, gar keine Rolle.

An Stelle der ideologisch geleiteten Pax Americana tritt nunmehr als geo-bellizistische Zielvorgabe eine ökonomische und technologische Stabilisierung der US-amerikanischen Weltdominanz. Diese Zielsetzung bringt eher Nachteile mit sich als Vorteile für Freund wie Feind. Wenn es ums Geld geht, hört selbst die geopolitische „Freundschaft“ der „westlichen Wertegemeinschaft“ auf.

Hegemonie ist keine philanthropische Veranstaltung. Jeder Hegemon produziert nur dann eine stabile Weltordnung, wenn sie erstens seinen Eigeninteressen dient und er zweitens dazu auch in der Lage ist. Der Aufstieg der Volksrepublik China zu einem mächtigen, ernst zu nehmenden geoökonomischen Akteur, Russlands Wiedergewinnung der militärischen Potenz und dessen Aufstieg zu einem geopolitischen Konkurrenten und schließlich die monetäre Selbstschwächung bzw. die finanzielle Selbstüberforderung des US-Hegemonen infolge der zahlreichen militärischen Interventionen und Invasionen zwingt die Trump-Administration heute erneut zu einer geoökonomischen Eskalationsstrategie.

Der Beweis, dass die geoökonomische Eskalationsstrategie erfolgversprechender als die militärischen Interventionen ist, hat Trump in seiner ersten Amtszeit nicht erbracht und es gibt keinen Grund daran zu glauben, dass es ihm in der zweiten Amtszeit gelingen würde.

Trumps Kritiker haben insofern recht, als sie behaupten, dass er mit seinem aggressiven Geo-Bellizismus keine Stabilisierung und Aufrechterhaltung der Pax Americana erzielen würde. Sie irren sich aber, wenn sie sich weiterhin von der abgewirtschafteten und gescheiterten Ideologie der globalen Dominanz unbeirrt und ohne Abstriche leiten lassen wollen. Sie verkennen den Zeitgeist, der sich längst gegen die Pax Americana gewendet hat.

Anmerkungen

1. Rogoff, K., „US-Schuldenexperiment ist ein Großrisiko für die Weltwirtschaft“, in: Handelsblatt-Interview,
24./26. Januar 2025, 16 f.
2. Silnizki, M., Geo-Bellizismus. Über den geoökonomischen Bellizismus der USA. 25. Oktober 2021,
www.ontopraxiologie.de.

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