Verlag OntoPrax Berlin

Kritik und Antikritik

Herfried Münklers „Russische Geopolitik“

Übersicht

                1. Carl Schmitts Großraumtheorie und die monetäre Geopolitik
                2. Der Ukrainekonflikt aus geopolitischer und völkerrechtlicher Sicht
                3. Carl Schmitt im Spiegel der Zeitgeschichte
                4. Universalismus versus Pluralismus 
                  (a) Im Widerstreit von Axiologie und Geopolitik
                  (b) Die Antike, das Christentum und der Westen
                  Exkurs: Geopolitik versus Völkerrecht

          Anmerkungen

              1.  „Wir sind Zwerge, die auf den Schultern von Riesen stehen.“

          (Ein mittelalterlicher Gelehrte)

              1. Carl Schmitts Großraumtheorie und die monetäre Geopolitik

      In seinem jüngsten Werk Welt in Aufruhr hat Herfried Münkler einen kleinen Abschnitt der „Russischen Geopolitik in der Nachfolge von Carl Schmitts Großraumtheorie“ gewidmet.1 In diesem Abschnitt seines Werkes setzt er sich eingehend und ausschließlich mit meinen zwei Schriften Geopolitik2 und Russland und der Westen3 aus dem Jahr 2015 auseinander.

      Gleich zu Beginn seiner Darstellung der „russischen Geopolitik“ nennt Münkler zwei Namen Alexander Dugin und mich und erweckt so den Eindruck einer geistigen Nähe. Alexander Dugin, mit dem ich nichts gemein habe, ist eine schillernde Persönlichkeit, der sich in seiner geistigen Entwicklung zwischen Nationalbolschewismus und Eurasismus schwankte.

      Heute ist er ein vehementer Befürworter des Krieges in der Ukraine – erst recht, nachdem seine Tochter Darja Dugin vom ukrainischen Geheimdienst vermutlich aus Versehen am 20. August 2022 ermordet wurde. Man zielte auf den Vater und traf die Tochter!?

      Völlig zu Unrecht ist Dugin im Westen als Putins Berater – wenn nicht gar als Putins Ideologe – verschrien. Die beiden sind sich einander persönlich – soweit ich weiß – nie begegnet. In Russland selbst ist er nicht unumstritten und wird von den sog. „liberalen“ russischen Kreisen verpönt. Der breiten deutschen Öffentlichkeit ist Dugin durch sein SPIEGEL-Gespräch vom 13. Juli 2014 bekannt geworden und hat mit seiner Äußerung „Jeder Westler ist ein Rassist“ auf sich aufmerksam gemacht.

      Als wäre das nicht genug, zählt Münkler mich zu jenen „prorussische(n) Autoren“, die sich auf (Carl) Schmitt berufen, wenn sie die westlichen Werte und die Politik ihrer Geltendmachung kritisieren und einen russischen Großraum mit eigenem Recht und eigenen Werten proklamieren“ (172 f.). Die Namen der anderen „prorussischen Autoren“ verrät Münkler freilich dem Leser nicht.

      Münkler unterstellt mir gleich zu Beginn seiner Kritik, dass ich „in Anknüpfung an die antikapitalistischen Thesen Schmitts von einer >monetären Geopolitik des Westens<“ spreche, „die mit den Methoden kapitalistischer Weltbeherrschung zunehmend an die Stelle der >militärischen Optionen< getreten sei“ (173).

      Das sind in einem Atemzug gleich drei Unterstellungen, die so nicht unwidersprochen stehen dürfen:

      (1) Meine Analysen der russischen Geschichte und Gegenwart sind weder prorussisch noch antirussisch, weder prowestlich noch antiwestlich, sondern einzig und allein der Erkenntnisfindung verpflichtet und orientieren sich am Wahrheitsbegriff (ἀλήθεια) eines Aristoteles. Dass eine Erkenntnis- bzw. Wahrheitsfindung auch fehlerhaft sein kann, liegt wohl in der Natur unserer Vernunft. Richtig ist freilich auch, dass der vor gut acht Jahren benutzte und von mir seitdem nie mehr verwendete Begriff Großraum der Schmittschen Großraumtheorie entnommen ist, die Schmitt in Anlehnung an die Monroe-Doktrin konzipiert hat.

      Münkler ignoriert zudem vollständig meine neue Forschung über das außenpolitische und geoökonomische Denken in Russland.4 Das hat ihn auch gar nicht interessiert. Viel zu sehr ist er auf Schmitts Großraumtheorie fixiert.

      (2) Was meine Kritik der Oktroyierungspolitik der sog. „westlichen Werte“ den wertfremden Machträumen gegenüber angeht, so hat sie gar nichts mit Schmitts „Großraumtheorie“ zu tun. Vielmehr entstand sie aus einer jahrzehntelangen Beschäftigung mit der russischen und westlichen Geistes- sowie Rechts- und Verfassungsgeschichte, die ich in mehreren Büchern eingehend untersucht und dargestellt habe.5 Dass diese Kritik lange vor meiner Wenigkeit existierte, ist Münkler offenbar entgangen.

      Es reicht schon auf Edmund Burkes Kritik zu verweisen, der die „Menschenrechte … als eine sinnlose >Abstraktion<“ bezeicnete.6

      Die Beispiele lassen sich dabei beliebig fortsetzen. Der bedeutende österreichische Staatsrechtslehrer, Georg Jellinek (1851-1911), hat einst die modernen Parlamente außerhalb Englands als „geschichtslose Institutionen“ bezeichnet und festgestellt, dass „in der ganzen Vergangenheit kaum ein zweites Beispiel derartiger unvermittelter Schöpfung einer Organisation zu finden sei, die den Staat von Grund aus zu ändern bestimmt war“.7

      Es wäre darum ziemlich abwegig annehmen zu wollen – schrieb Ernst Fraenkel 1964 -, „dass eine Nation sich eine politische Institution oder ein politisches Verfahren von einer anderen Nation ausborgen und sie in unveränderter Form in ihr eigenes Regierungssystem inkorporieren könnte“.8

      Diese Erkenntnis von Ernst Fraenkel tritt uneingeschränkt auf Russland zu, das weder in der Lage noch gewillt ist, die fremden politischen Institutionen und politischen Verfahren in sein eigenes Macht- und Herrschaftssystem zu „inkorporieren“.

      (3) Nun unterstellt Münkler meiner Schrift Geopolitik, dass sie „in Anknüpfung an die antikapitalistischen Thesen Schmitts von einer >monetären Geopolitik des Westens<“ spreche, „die mit den Methoden kapitalistischer Weltbeherrschung zunehmend an die Stelle der >militärischen Optionen< getreten sei.“

      Man findet allerdings in der erwähnten Schrift kein einziges Mal die Verwendung des Begriffs „Kapitalismus“. „Kapitalismus“ ist das Unwort des 19. und 20. Jahrhunderts – ein polemischer und politischer Kampfbegriff. „Seinem Ursprung nach lässt sich Kapitalismus definieren als die bestehende Wirtschaftsverfassung, gesehen durch die Brille des Sozialismus“ (Ludwig Pohle).9

      Und so sieht auch Münkler meine monetäre Geopolitik ausschließlich durch die Brille von Schmitts „antikapitalistischen Thesen“. Deswegen missversteht er auch die von ihm zitierte folgende Passage aus meiner Geopolitik:

      „In dem Maße, wie die atomar aufgerüsteten Großmächte sich gegenseitig bedrohend neutralisieren, hat die monetäre Vormacht dramatisch an geopolitischer Bedeutung gewonnen. Sie ist typisch für die moderne Form der wertfremden Raumdomestizierung, deren wichtigstes Merkmal der Verzicht auf eine direkte militärische Invasion und Annexion des zu domestizierenden Raumes ist. Zwar bleibt dessen territoriale Integrität nach außen unantastbar, seine innere Verfasstheit wird aber dem monetären Diktat unterworfen. Die raumfremde Macht domestiziert, ohne die territoriale Integrität in Frage zu stellen.“10

      Mit einer Kapitalismuskritik hat die zitierte Passage nichts zu tun. Dass sie sinngemäß und terminologisch in Anlehnung an Schmitts Denken formuliert wurde, ist doch offensichtlich und gar nicht zu leugnen. Zu leugnen ist allein Münklers Missdeutung des Zitats dahingehend, „dass Russland – das diese (monetäre) Macht nicht hat -, wenn es sich gegen die kapitalistische Durchdringung seiner Einfluss- und Interessengebiete zur Wehr setzen will, nichts anderes übrigbleibt, als auf die >militärische Option< zurückzugreifen. Damit wird in einer nur auf den ersten Blick überraschenden Volte der Antikapitalismus zur Legitimationsgrundlage des Militarismus.“ Wir haben „es hier mit der Reaktion derer zu tun, die bei einer Pazifizierung der Welt durch Handel und Industrieproduktion den Kürzeren gezogen haben.“

      Eine solche Missdeutung des Textes ist derart aberwitzig, dass der Sinngehalt des Gesagten gerade in sein Gegenteil verkehrt wird und offenkundig allein den tagesaktuellen Ereignissen um den Ukrainekrieg geschuldet ist, was sich aus der nachfolgenden Kritik ergibt und deutlich wird. Dem ist freilich zunächst folgendes zu entgegnen:

      Münkler wirft mir zum einen vor, nicht mehr und nicht weniger als eine Community der Zukurzgekommenen zu repräsentieren, die nicht nur den „Antikapitalismus“ predigen, sondern damit auch noch einen russischen „Militarismus“ „legitimieren“.

      Sieht man zunächst einmal vom abstrusen Antikapitalismus-Vorwurf ab und liest man Münklers Kritik weiter, so wird deutlich, worauf er hinauswill – auf eine uneingeschränkte Befürwortung, Unterstützung und Legitimierung der gegenwärtigen westlichen Ukrainepolitik als Kontrapunkt zu meiner angeblichen Gutheißung des russischen „Militarismus“.

      Dabei betrachtet Münkler den Ukrainekonflikt allein und ausschließlich vom Standpunkt eines westlich zentrierten Weltbildes und ausschließlich aus der Perspektive einer kritiklos übernommenen westlichen Interpretation der seit der sog. „Maidan-Revolution“ schwellenden Konfrontation zwischen Russland und dem Westen bei einer gleichzeitig kompletten Ausblendung des russischen sicherheitspolitischen Standpunktes, den Münkler offenbar nicht kennt, aber zumindest zur Kenntnis nehmen sollte. Und so schreibt er:

      „Silnizki hat die zitierte Passage im Jahr 2015 publiziert, also nach der Annexion der Krim durch Russland … In dieser Darstellung liest sich der Bruch des Völkerrechts durch Russland wie eine letzte Abwehrmaßnahme gegen eine von europäischem und US-amerikanischem Kapital durchdrungene und beherrschte Ukraine, die infolge der monetären Dominanz des Westens aus der traditionellen Loyalitätsbeziehungen zu Russland herausgebrochen und in den westlichen Wirtschaftsraum herübergezogen worden ist. Letzten Endes rechtfertigt die >monetäre Geopolitik< des Westens damit auch militärische Gewalt in großen Stil, also den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit dem Ziel, das Land und seine Menschen in die russische Einflusssphäre zurück zu zwingen“ (173 f.).

      Man fragt sich irritiert: Wie kann ein Text aus dem Jahr 2015 die „militärische Gewalt in großen Stil, also den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine“ in den Jahren 2022/23 „rechtfertigen“? Weiß Münkler nichts davon, was inzwischen in den Jahren 2015 bis 2022 passiert ist? Offenbar nicht! Denn das Minsker Abkommen von 12. Februar 2015 und das anschließende Ringen um dessen Umsetzung11 hat Münkler für seine Kritik als irrelevant schlicht ausgeblendet.

      Da versuchte der Kritiker allein der aktuellen Tagespolitik bzw. der Mainstream-Meinung über den Ukrainekonflikt gerecht zu werden. Alles andere war für ihn irrelevant. Indem er die verschiedenen Sachverhalte aus völlig unterschiedlichen Fachgebieten wie Völkerrecht, Geopolitik, Wirtschaftspolitik und zuallerletzt Mentalitäts- und Kulturgeschichte miteinander vermengt, versucht er daraus eine kohärente Kritik der „russischen Geopolitik“ zu eruieren. Dass es ihm dieses Abenteuer gründlich misslungen ist, wird sich bei der nachfolgenden Antikritik herausstellen.

      2. Der Ukrainekonflikt aus geopolitischer und völkerrechtlicher Sicht

      Münkler spricht von „der Annexion der Krim durch Russland“ und benutzt dabei kritiklos, um dem medialen und parteiübergreifenden Mainstream gerecht zu werden, den Annexion-Begriff ausschließlich als politischen Kampfbegriff, ohne dessen bewusst zu sein, dass der Begriff in erster Linie eine völkerrechtliche und keine politische Kategorie ist.

      Einem Politikwissenschaftler, der kein Völkerrechtler ist, kann man das zwar nachsehen. Münkler verwendet aber den Annexion-Begriff kritiklos als pure Selbstverständlichkeit, wie man ihn eben unbedarft in den zahlreichen Talkshows für das Publikum anwendet.

      Offenbar in Unkenntnis über die unter den deutschen Völkerrechtlern 2014 heftig geführte Diskussion wirft er Russland einfach vor, die Krim aus überwiegend ökonomischen Gründen zu annektieren, indem er gleichzeitig eine geo- und sicherheitspolitische Dimension des Ukrainekonflikts ausblendet.

      Es ist doch bemerkenswert, immer wieder beobachten zu können, mit welcher Hingabe die westlichen Russlandkritiker dabei sind, schnell mit einer völkerrechtlichen Keule zu schwingen, wenn es darum geht, ihren geopolitischen Rivalen völkerrechtlich zu denunzieren und moralisch zu diskreditieren. Wer im Glashaus sitzt, soll bekanntlich nicht mit Steinen werfen. Wer – wie der Westen – in den vergangenen 25 Jahren mehrmals das Völkerecht gebrochen hat, hat jedes Recht verwirkt, seinen geopolitischen Rivalen des Völkerrechtsbruchs zu bezichtigen.

      Zur Erinnerung: Mit dem Kosovo-Krieg (1999) etablierte der US-Hegemon eine hegemoniale Interventionspraxis unter Umgehung des UN-Rechts und machte die vom Völkerrecht geächteten Angriffskriege wieder salonfähig. Das höchste Prinzip der UN-Charta, die kollektive Friedenssicherung, ging dabei auf die „Friedensschaffung“ durch die vom US-Hegemon dominierte unipolare Weltordnung über.

      Die Folgen dieser Transformation des Systems der kollektiven Friedenssicherung der UN-Charta in das System der US-amerikanischen „Friedensschaffung“ sind zahlreiche militärische Interventionen und US-Invasionen in Afghanistan, Irak, Libyen, Jemen, Somalia, Syrien, Jemen und nicht zuletzt ein fortwährender Drohnenkrieg überall und zu jeder Zeit in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren.

      Das transformierte System der kollektiven Friedenssicherung der UN-Charta in das System der US-amerikanischen „Friedensschaffung“ nannte der Soziologe Karl Otto Hondrich (1937-2007) bereits vor zwanzig Jahren bejahend eine „Weltgewaltordnung“.12

      Der Streit darüber, ob der Krim-Anschluss eine Sezession (Reinhard Merkel) oder eine Annexion (Otto Luchterhandt, Hans-Joachim Heintze), völkerrechtskonform (Michael Geistlinger, Karl Albrecht Schachtschneider) oder völkerrechtswidrig (Anne Peters) sei,13 ging nicht so eindeutig aus, wie Münkler mit seinem unbedarften und denunziatorischen Gebrauch des Annexion-Begriffs weismachen möchte.

      Eine Annexion liegt per definitionem dann vor, „wenn der annektierende Staat das fragliche Gebiet gegen den Willen und unter Ausschaltung der dort herrschenden Staatsgewalt vollständig und endgültig, d.h. effektiv und willentlich in Besitz nimmt“.14 Folgt man dieser Definition, dann wurde die Krim eben nicht annektiert! Annexion heißt die gewaltsame Inbesitznahme eines Gebiets, gegen den Willen sowohl der Staatsgewalt als auch der Bevölkerungsmehrheit, und zwar unter Androhung von Gewalt.

      Die „russische militärische Drohgebärde“ hat zwar – worauf Reinhard Merkel hinweist – gegen die UN-Charta verstoßen, „aber sich anders als bei einer Annexion, nicht als Drohung gegen die Bevölkerung der Krim gerichtet und daher das Ergebnis der Abstimmung nicht etwa zu einem schieren, abgenötigten Schwindel gemacht“.15

      Bereits nach dem Ende des Ersten Weltkrieges versuchte man, die Annexion zu ächten. Durch Art. 10 der Völkerbundsatzung verpflichteten sich die Bundesmitglieder, die Unversehrtheit des Gebiets und die bestehende politische Unabhängigkeit aller Bundesmitglieder oder anderer Staaten zu achten. Der Grundsatz der Nichtanerkennung gewaltsamer Gebietsänderungen fixierte die Vollversammlung des Genfer Völkerbundes am 11. März 1932 im folgenden Beschluss: „Dass kein Eingriff in die Unversehrtheit des Gebiets und keine Beeinträchtigung der politischen Unabhängigkeit eines Bundesmitgliedes, die etwa unter Missachtung des Art. 10 begangen wurde, von den Mitgliedsstaaten des Völkerbundes als gültig und wirksam anerkannt werden können.“16

      Dieser Grundsatz wurde schließlich von den Vereinten Nationen übernommen, der in Art. 2, Abs. 4 der UN-Charta vom 26. Juni 1945 niedergeschrieben ist: „Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“ Diese Definition des völkerrechtlichen Annexionsverbots impliziert bei näherem Hinsehen zweierlei: das äußere Annexionsverbot, das sich auf die territoriale Unversehrtheit von Staaten bezieht, und das innere Annexionsverbot, dass „alle Mitglieder“ dazu auffordert, die gewaltsame Veränderung „der politischen Unabhängigkeit eines Staates“, zu „unterlassen“.

      Zu diesem inneren Annexionsverbot gehört eben eine von außen herbeigeführte bzw. erzwungene gewaltsame Veränderung der politischen Machtverhältnisse. Die vom Westen in den vergangenen Jahrzehnten praktizierte Außenpolitik des sogenannten „regime change“ ist nichts anderes als der klare Verstoß gegen das innere Annexionsverbot im Völkerrecht.

      Infolge der Geopolitisierung des Völkerrechts blendet der Westen diese innere Bedeutung des Annexionsbegriffs komplett aus und verengt ihn ausschließlich auf dessen äußeren, gegen das Gewaltverbot verstoßenden Gebietserwerb durch einen Staat zu Ungunsten eines anderen. Die westliche Deutungshoheit kennt den inneren Charakter des Annexionsverbots nicht, der viel gravierendere Folgen mit sich bringt, als es auf den ersten Blick erscheinen mag.

      Sie gehen oft mit einer geoökonomischen Unterwerfung und einer monetären Repression einher, obzwar der geoökonomisch und monetär unterworfene Staat nach außen als „souveräner Staat“ auftritt bzw. die äußere Schale der territorialen Unversehrtheit – die „Souveränität“ – lediglich vortäuscht, aber nicht aufrechterhält. Diese Erkenntnis habe ich in der Tat in Anlehnung an Carl Schmitts Denken gewonnen und stehe bis heute uneingeschränkt dazu.

      Als Politikwissenschaftler kann Münkler diese ganze völkerrechtliche Komplexität des Annexion-Problems gar nicht kennen. Das war auch nicht sein Anliegen. Ihm ging es gar nicht um eine wissenschaftlich fundierte Erkenntnisgewinnung, sondern einzig und allein darum, Russland aus politischen und ideologischen Erwägungen als Völkerrechtsbrecher anzuprangern und mich als einen geistigen Komplizen dieses Völkerrechtsbruchs zu denunzieren.

      3. Carl Schmitt im Spiegel der Zeitgeschichte

      Die westliche Geopolitisierung des Völkerrechts ist untrennbar mit den sogenannten „westlichen Werten“ verbunden, deren Anspruch auf die universale Geltung ich aus rechts- und verfassungshistorischen Gründen und nicht „in Anknüpfung an die antikapitalistischen Thesen Schmitts“, wie Münkler mir unterstellt, kategorisch ablehne. Man denkt hier allein an Russlands Transformationsprozess der 1990er-Jahre, um zu dem Schluss zu kommen, dass der universale Geltungsanspruch der „westlichen Werte“ eine Idée fixe ist.

      Und hier ist Münkler mit seiner Kritik, ja Empörung über diese Ablehnung des westlichen Wertuniversalismus als ein gläubiger Universalist in seinem Element. Er fühlt sich offenbar in seinem messianischen Sendungsbewusstsein derart angegriffen, dass er persönlich und polemisch wird.

      Indem er erneut beteuert, dass ich ausschließlich im Schlepptau von „Schmitts Argumentation“ denke und urteile, als würde es außer Schmitts Großraumtheorie nichts anderes geben, lässt sich Münkler zu der Behauptung hinreißen, dass ich Schmitts Gedanken „auf die Konstellationen des früheren 21. Jahrhunderts“ anwende, „wobei die Russländische Föderation an die Stelle des nationalsozialistischen Reiches getreten ist“ (175).

      Münkler bringt damit meine Analysen mit dem subtilen Hinweis auf Carl Schmitts nationalsozialistische Vergangenheit in eine unmittelbare Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut. Offenbar verkennt Münkler nicht nur den Ursprung und die Quintessenz der Schmittschen Großraumtheorie, sondern hat auch keine Kenntnisse über die russische Geo- und Sicherheitspolitik, indem er Russland der 2020er-Jahre auf eine Stufe mit Nazi-Deutschland der 1930er-Jahre stellt.

      Schmitts Großraumtheorie gingen aus seiner Sicht zwei weltumwälzenden Ereignisse voraus: der Zusammenbruch des Ius Publicum Europaeum17 und der Aufstieg des Nazi-Deutschlands der 1930-Jahre zum Machtfaktor in Europa und in der Weltpolitik.

      Vor dem Hintergrund dieser völkerrechtlichen und geopolitischen Umwälzungen entwickelt Schmitt seine Großraumtheorie, indem er das ewig junge Thema der europäischen Großmächterivalität Hegemonie versus Gleichgewicht neu auflegt und es mit Verweis auf die Monroe-Doktrin und angesichts der sog. NS-„Lebensraum“-Politik um eine planetarische Raumdimension erweitert.

      Das war im Grunde Schmitts theoretische Reflexion der völkerrechtlichen und geopolitischen Großwetterlage der 1930er-Jahre, in denen das wiedererstarkte Deutschland unter der Nazi-Herrschaft seine expansionistischen Machtansprüche anmeldete. Die uns interessierende Frage lautet: Tritt Carl Schmitt hier als Nazi-Anhänger und Apologet der „Lebensraum“-Ideologie oder als Völkerrechtler auf, der die entstandene machtpolitische Realität lediglich rechtstheoretisch zu ergründen sucht?

      Zwar wird Carl Schmitt immer und immer wieder als „Kronjurist des Dritten Reiches“ verunglimpft. Zwar flirtete er in der Tat mit den Nazis und man sagt ihm nach, er wollte Justizminister im Nazikabinett werden. Diese lehnten freilich Schmitts Ansinnen kategorisch ab, weil er ihnen viel zu katholisch und darum suspekt war. Zwar hat Schmitt mit seinem am 1. August 1934 in der Deutschen Juristen-Zeitung (945 ff.) erschienenen Artikel Der Führer schützt das Recht. Zur Reichstagsrede Adolf Hitlers vom 13. Juli 1934 sich als Rechtsgelehrter diskreditiert.

      Und bis heute klingt in meinen Ohren die ganze Empörung darüber seitens eines der brillantesten Rechtsgelehrten der Bundesrepublik und des viel zu früh verstorbenen Rechtshistorikers der Nachkriegszeit, Prof. Michael Stolleis (1941-2021).

      Zwar stand Schmitt mit seiner deutschnationalen Gesinnung wie viele seiner Gelehrtengeneration distanziert zur Weimarer Republik und seine Souveränitätslehre spricht Bände („Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet“).

      Ein Nazi war er aber dessen ungeachtet nicht, eher schon ein Karrierist. Er witterte offenbar die Chance seines Lebens, bei den Nazis eine Karriere zu machen und ist damit fürchterlich auf die Nase gefallen.

      Mein sehr verehrter und ebenfalls viel zu früh verstorbener Doktorvater, Prof. Ernst Vollrath (1932-2003), pflegte seinen Studenten in den früheren 1980er-Jahren immer wieder zu sagen: Es gäbe drei menschliche Eigenschaften, die ein Mensch nie gleichzeitig haben kann: Klug-Sein, Anständig-Sein und Nazi-Sein. Man kann klug und Nazi sein, dann ist man aber unanständig; man kann anständig und Nazi sein, dann ist man aber unklug; man kann klug und anständig sein, dann ist man aber kein Nazi.

      Zu welcher Sorte von Menschen Carl Schmitt gezählt werden kann, muss jeder für sich entscheiden. Wie auch immer man zu Schmitt als Mensch stehen mag, als Verfassungsrechtler hatte er Einfluss selbst auf den israelischen Verfassungsentwurf von 1948, wie sich u. a. aus einer Untersuchung von Nikolas Göllner aus dem Jahr 2018 ergibt.18

      „Diese Studie“ geht laut Göllner „der Frage nach, inwiefern die israelische Verfassung in ihren Anfängen einem Einfluss des deutschen Staats- und Verfassungsrechts ausgesetzt war. Ausgangspunkt der Untersuchung ist der israelische Verfassungsentwurf von 1948. Die Frage nach einem möglichen deutschen Einfluss auf die israelische Verfassung ist hierzulande bisher nur im Rahmen der Carl Schmitt-Rezeption aufgeworfen worden. … Die Untersuchung des Entwurfs zeigt, dass die Protagonisten der Staatsgründung Einflüssen des deutschen Staatsrechts ausgesetzt waren. Dieser Befund erhärtet sich vor allem mit Blick auf den Autor des Entwurfs: Leo Kohn studierte Rechtswissenschaften in Deutschland und promovierte bei Richard Thoma über die Verfassung des Irischen Freistaats. Die Nähe zur deutschen Staatsrechtlehre der Weimarer Republik lässt sich auch in weiten Teilen für den Entwurf nachweisen, der als ein früher Kulminationspunkt des israelischen Verfassungsdiskurses gilt.“

      Was nun Russlands Geo- und Sicherheitspolitik der Gegenwart angeht, so hat sie mit der NS-„Lebensraum“-Politik bzw. „Heim ins Reich“-Politik (wie böse Zungen behaupten) gar nichts zu tun. Russlands Geo- und Sicherheitspolitik ist ganz im Gegenteil nicht auf eine Expansion, sondern auf die Abwehr der Expansion – Nato-Expansion – gerichtet.

      In ihrer umfangreichen Studie „Thirty Years of U. S. Policy Toward Russia: Can The Vicious Circle Be Broken?“ wiesen Eugene Rumer und Richard Sokolsky (senior fellows des Carnegie Endowment for International Peace) bereits 2019 darauf hin, dass es ein Fehler wäre zu glauben, dass Imperialismus und Revanchismus die einzigen Beweggründe der russischen Außenpolitik seien. Man darf auch die anderen Faktoren nicht ignorieren (It would be a mistake, however, to focus solely on imperialism and revanchism as the drivers of Russian foreign policy to the exclusion of other factors).

      Aus der Kreml-Perspektive bedeute nämlich der Zerfall des Imperiums nicht nur ein Verlust an Status und Prestige, sondern auch und vor allem „der Verlust der strategischen Tiefe und Sicherheit“ (the loss of strategic depth and security). Nach dem Untergang der UdSSR verlaufe die westliche Grenze weniger als 500 km von Moskau entfernt. Russlands Bestreben ist – fügten Rumer/Sokolsky zutreffend hinzu -, „diese empfundene Verwundbarkeit“ (perceived vulnerability) zu kompensieren und zumindest teilweise „die strategische Tiefe“ (strategic depth) zurückzugewinnen, bestimmen im Wesentlichen die russische Außenpolitik (a major driver of Russian foreign policy).

      Damit hat die Studie des Pudels Kern der russischen Außen- und Geopolitik getroffen. Nicht der Russland unterstellte „Imperialismus“, „Revanchismus“ und Expansionismus, sondern die Rückgewinnung oder zumindest die Verstetigung eben dieser „Strategic Depth“ ist im Wesentlichen die Intention der russischen Geo- und Sicherheitspolitik. Dem steht zweifelsohne die Nato-Expansionspolitik im Wege.

      Wenn Münkler nun mich nicht nur als Anhänger des russischen „Militarismus“, wie oben gesehen, stigmatisiert, sondern meine Betrachtung aus dem Jahr 2015 auch noch in die Nähe der „Lebensraum“-Ideologie bringt, dann disqualifiziert er sich selbst mit dieser Infamie.

      Man sollte freilich Münklers Äußerung nicht überbewerten und lieber dem Kabarettdichter, Erich Kästner (1899-1974), folgen und sich seine Empfehlung an die Adresse der „Helden in Pantoffeln“ zu eigen machen:

      „Wer anlässlich dieser Erklärung
      behauptet, das sei Infamie,
      der verwechselt Heldenverehrung
      mit Mangel an Phantasie.“
      An Phantasie mangelt es Münkler freilich ganz und gar nicht!

      4. Universalismus versus Pluralismus

      (a) Im Widerstreit von Axiologie und Geopolitik

      Es ist vor diesem Hintergrund nur konsequent, wenn Münkler mir im nächsten Schritt vorwirft: Ich verteidige „die von Putin betriebene Politik des Widerstandes gegen die Ausbreitung westlicher Demokratievorstellungen in Russland“ (176).

      Nichts liegt mir ferner als das. Seit Jahr und Tag versuche ich Russland vom Standpunkt der russischen Herrschafts- und Verfassungstradition zu erklären. Vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Russland und dem Westen infolge des seit 2014 schwellenden Ukrainekonflikts und einer immer gefährlicher werdenden Großmächterivalität im globalen Raum versuche ich neuerdings auch die außen-, geo- und sicherheitspolitischen Entwicklungen aufzuzeichnen.

      Vergeblich, wie man sieht! Es ist doch erstaunlich, immer wieder erleben zu müssen, mit welchem beharrlichen Eskapismus die transatlantische Gelehrtenzunft die Außenwelt weltentrückt und von Standpunkt der eigenen universalistisch postulierten Wertlogik beurteilt, im missionarischen Übereifer das kulturelle Selbstverständnis der anderen Kultur- und Machträume ausblendet und das Selbstverständlichste für das Allerfragwürdigste hält.

      Mangels der Selbstreflexion und in Verkennung der missionarischen Überhöhung der eigenen axiologischen „Alternativlosigkeit“ wiederholt sich Münkler stets in seiner Kritik und verrennt sich dann endgültig:

      „Auch in seiner Distanz gegenüber der liberalen Demokratie steht Silnizki ganz in der Nähe Carl Schmitts: >Russlands jahrhundertelange Expansion gen Osten brachte eine innere Kolonisation und die zentralistisch organisierten Machtstrukturen zur Beherrschung des Großraumes mit sich. Bei einer dezentralen Machtausübung bestand immer die Gefahr des Zerfalls des beherrschten Raumes in einzelne sich vom Zentrum verselbständigenden Machtzentren<“ (176 f.).

      Dieser von Münkler zitierte Text hat mit Schmitt nicht im Geringsten etwas zu tun, wohl aber mit der Reflexion der russischen Geschichte seitens eines bedeutenden und einflussreichen russischen Historikers des 19. Jahrhunderts, Vasilij O. Ključevskij (1841-1911). Den im Text verwendeten Begriff „Großraum“ habe ich längst durch den Begriff Raummacht substituiert. Was dann als Münklers Kommentar dazu kommt, ist eine kritiklose Übernahme eines Russlandbildes, von dem man beinahe jeden Tag in den zahlreichen Talkshows der Republik erfahren bzw. in einer Provinztageszeitung nachlesen kann:

      „Will sagen: Russland ist aufgrund seiner geopolitischen Ausdehnung von Osteuropa bis zum Pazifik nicht föderal zu organisieren und allenfalls in zentralistischer Form (Putins >gelenkter Demokratie<) eingeschränkt demokratisierbar. So verstanden heißt Demokratie, dass das Volk die Entscheidungen der politischen Führung akklamiert, aber nicht in den Foren der Zivilgesellschaft deliberiert.“

      Auch Frankreich ist beispielsweise zentralistisch organisiert, ohne dass es „Putins >gelenkter Demokratie<“ ähnelt. Oder doch? Da hat Münkler erneut etwas missverstanden, indem er Geopolitik und Axiologie bzw. Verfassungslehre miteinander vermengt, um sodann mir vorzuwerfen, dass ich Anhänger von „Putins gelenkter Demokratie“ bin. Er betreibt hier eine Begriffsakrobatik und versucht die „russische Geopolitik“ allein vom Standpunkt des westlichen axiologischen Selbstverständnisses zu begreifen.

      Geopolitik ist aber keine axiologische Veranstaltung und muss darum zunächst einmal losgelöst von irgendeinem Verfassungsdiskurs analysiert und begriffen werden. Was der von Münkler zitierte Text besagt, ist etwas ganz anderes, als das, was er daraus herauslesen will.

      Hinter der zitierten Äußerung stehen vielmehr die Bedeutung und der Stellenwert des Raumes im russischen Denken, der beinahe alles andere überlagert und priorisiert bzw. sich alles andere unterordnet.

      Die Dominanz des Raumes im russischen Denken äußert sich darin, dass die Einheit (единство) und Ganzheitlichkeit (целостность) des Raumes zum unhinterfragbaren Postulat faktisch jedes innen- und außenpolitischen Credos wird, ja die Staatsräson schlechthin verkörpert.

      Diese raumbezogene Identität des russischen Denkens ist auch und insbesondere der russischen Geo- und Sicherheitspolitik inhärent. Orientiert sich die russische Geo- und Sicherheitspolitik primär an der Sicherung und Beherrschung des eigenen Machtraumes, so ist das völkerrechtliche Postulat der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten von überragender Bedeutung für die russische Außenpolitik. Darum lehnt die russische Raummacht kategorisch jede Einmischung der raumfremden Mächte in die inneren Angelegenheiten des eigenen Machtraumes ab und reagiert allergisch auf die gebetenen und ungebetenen Belehrungen aller Art.

      Die raumbezogene Identität des russischen Denkens erschwert einerseits die innerstaatliche Liberalität und verunmöglicht anderseits das Junktim vom überstaatlichen Völkerrecht und liberalen Verfassungsrecht, da dieses Junktim in seiner letzten Konsequenz zu Implosion bzw. Zerfall des russischen Machtraumes führen könnte.

      All das bedeutet aber, dass wir es hier mit einer ganz anderen Axiologie und einem ganz anderen axiologischen Selbstverständnis als Folgewirkung der geo- und sicherheitspolitischen Priorisierung zu tun haben, was Münkler und die gesamte westliche Macht- und Funktionselite beharrlich ignorieren. Wir haben es hier mit zwei völlig unterschiedlichen axiologischen Selbstverständnissen, Standpunkten und Postulaten zu tun, die nicht miteinander in Einklang gebracht werden können.

      Münklers Kritik vom Standpunkt der westlichen Wertlogik ist zwar verständlich, ist er doch ein Produkt der westlichen Zivilisation. Er verfehlt aber gerade deswegen die eigentliche Intention des zitierten Textes mit seiner Unterstellung einer vermeintlichen „Distanz gegenüber der liberalen Demokratie“.

      Dieses ewige selbstgerechte Lamentieren und das ritualisierte Beharren auf dem eigenen axiologischen Standpunkt bei gleichzeitiger Ignorierung eines axiologischen Selbstverständnisses der Gegenseite führen ins Nirgendwo und verstellen nur den Blick auf die tatsächlichen Ursachen der Spannungen zwischen Russland und dem Westen. Das Unvermögen es zu verstehen, ist die eigentliche Tragik solcher Russlandkritiker wie Münkler.

      Statt eine eingehende Analyse der russischen und westlichen Geo- und Sicherheitspolitik in ihrer gegenseitigen Wechselwirkung vorzunehmen, ist es zum guten Ton geworden, alles zu verdammen und alle zu denunzieren, was sich nicht in das Russland-Bashing einreiht. Darum ist auch Münklers Kritik nichts anderes als eine Aneinanderreihung von üblichen Klischees, Vorurteilen und borniertem Pikiert-Sein darüber, dass jemand es gewagt hat, das „Heiligtum“ aller Heiligtümer – den unhinterfragbaren „westlichen Universalismus“ – zu hinterfragen.

      Bei der Lektüre von Münklers Kommentar hat man zudem den Eindruck, als würde sich alles, was er über die „russische Geopolitik“ kennt, auf einen Abklatsch von Carl Schmitts Großraumtheorie reduziert. Geschweige denn, dass es von >meiner< „Distanz gegenüber der liberalen Demokratie“ (der Ausdruck „liberale Demokratie“ ist äquivok und bedürfte erst einer Erläuterung) gar keine Rede sein kann und es allein um eine Russlandanalyse vom Standpunkt des russischen axiologischen Selbstverständnisses geht, verkennt Münkler zum wiederholten Mal die Intentionen der von ihm kritisierten Schriften.

      Münkler kommt es gar nicht in den Sinn eine einzige Frage zu stellen: Warum soll Russland und die gesamte nichtwestliche Welt nach den universal postulierten „westlichen Werten“ leben wollen? Man stelle sich nur vor: Die Chinesen würden vom Westen verlangen nach chinesischen Werten zu leben. Welche Empörung und Fassungslosigkeit würde diese chinesische Forderung im Westen auslösen!

      (b) Die Antike, das Christentum und der Westen

      Weder das Christentum noch die antike Welt glaubten freilich so an den Fortschritt, wie der Westen heute immer noch glaubt. „Wenn das biblische und griechische Denken irgendwo übereinstimmen, so in der Freiheit von Illusion des Fortschritts,“ schrieb der deutsch-jüdische Philosoph, Karl Löwith (1897-1973).19

      Glaubten die Griechen an die ewige und unvergängliche Physis des Kosmos und denaturierte die Offenbarungstheologie die Physis und den Kosmos, indem sie diese als aus sich bestehend negiert, und vom Schöpfungsgott aus dem Nichts schaffen lässt, so glaubt der vom messianischen Sendungsbewusstsein inspirierte westliche Wertuniversalismus, seine universalen Werte aus dem Nichts schaffen zu können, indem er sich selbst enthistorisiert, sein historisch gewachsenes wertlogisches Selbstverständnis universalisiert, die wertfremden Machträume wertlogisch delegitimiert, um anschließend seine Wertvorstellungen kraft der eigenen „Wertvollkommenheit“ zu oktroyieren.

      Die westliche universale Idee erweist sich als ein säkularisierter Schöpfungsglaube, dessen Demiurg der Westen selbst ist, der seine Werte dergestalt aus dem Nichts schaffen lässt, dass die wertfremden Machträume infolge ihres „Vergänglichkeitscharakters“ an sich selbst zugrunde gehen, von selbst wertlos werden und sich anschließend der „unvergänglichen“, „ewigen“ westlichen Werttransfusion unterziehen lassen.

      Diese kulturellen Grenzen ignorierende und alle völkerrechtlichen Grenzen sprengende säkularisierte Eschatologie macht das Selbstverständlichste zum Allerfragwürdigsten, indem sie den historisch gewachsenen faktisch existierenden Wertpluralismus negiert.

      Weder die antike Welt noch die christliche Theologie haben die Welt so begriffen, wie die „aufgeklärte“ westliche Moderne. Verändert hat sich allerdings zunächst nur „das Weltbild von der Welt. Aber was verbürgt uns“ – fragt Karl Löwith -, „dass das moderne Weltbild der mathematischen Physik die physis angemessener versteht, als die Physik etwa des Aristoteles … Es gibt zwar eine moderne Naturwissenschaft, aber keine moderne Natur.“20

      Und wer verbürgt uns, dass sich die Ordnung des globalen Raumes nach den Wertvorstellungen des westlichen Universalismus „besser“, d. h. friedfertiger gestalten lässt, als die Ordnung des hier und heute existierenden Wertpluralismus?

      Diese Frage hat Münkler mit seiner Kritik der „russischen Geopolitik“ gar nicht gestellt, geschweige beantwortet.

      Abschließend beteuerte er mit Verweis auf meine von ihm missdeuteten Ausführungen und in völliger Unkenntnis der russischen Geo- und Sicherheitspolitik, dass

      „aus russischer Sicht zwei Gründe für den Angriff auf die Ukraine (sprachen): das vitale Interesse an der Wiederherstellung des imperialen Raumes, auf den ein machtbewusstes Russland angewiesen zu sein glaubte; und die Unerträglichkeit eines nach den Maidan-Revolutionen (Gab es etwa mehrere Maidan-Revolutionen?) zunehmend an westlichen Vorstellungen von Demokratie orientierten Staates unmittelbar an seiner Grenze. Folgt man der Argumentation Silnizkis, dann hat der Angriff auf die Ukraine nichts, aber auch gar nichts mit der Osterweiterung der Nato zu tun; umso mehr dafür mit Russlands >imperialen Phantomschmerzen< und der Angst vor einer funktionierenden Demokratie in seiner unmittelbaren Umgebung“ (177).

      Münklers Schlussfolgerungen kann man nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen. Erneut benutzt er meine Schrift Geopolitik aus dem Jahr 2015, um den Kriegsausbruch im Jahr 2022 zu erklären. Das ist keine fundierte Analyse der „russischen Geopolitik“, sondern ein untauglicher Versuch, die eigenen Vorurteile, Vorverständnisse und vorgefasste Meinungen, die nicht so sehr auf die Kenntnisse der russischen Geo- und Sicherheitspolitik als vielmehr auf einem bereits auf den „Kalten Krieg“ zurückgehenden Russlandbild beruhen, mittels Missdeutung eines Textes bestätigen zu lassen.

      Der Kriegsausbruch in der Ukraine hat ganz im Gegenteil sehr wohl unmittelbar mit der Nato-Expansionspolitik etwas zu tun, wie oben gesehen. Und es sei müßig all die Gründe erneut zu wiederholen, die ich u. a. auch in meiner Studie „Dreißig Jahre Nato-Expansion“ niedergeschrieben habe.21

      Russland ging es zudem die ganze Zeit seit dem als „Maidan-Revolution“ verklärten Staatsstreich 2014 nicht so sehr darum, die Unabhängigkeit der Ukraine in Frage zu stellen, als vielmehr darum, die vom Westen aus russischer Sicht als „Anti-Russland“ aufgebaute Ukraine – die Ukraine als Feindesland – zu verhindern bzw. zu zerschlagen.

      Russlands Versuch, dieses Ziel auf einem friedlichen Wege mittels des Minsker Abkommens zu erreichen, ist nicht zuletzt deswegen gescheitert, weil die EU-Europäer – allen voran Deutschland und Frankreich – sich als unfähig und ohnmächtig erwiesen, dem US-Schutzpatron mit seiner Torpedierung der getroffenen und vom UN-Sicherheitsrat gebilligten Minsker Vereinbarungen standzuhalten.22

      Offenbar kennt Münkler weder die Vorgeschichte des Ukrainekonflikts noch die russische Ukrainepolitik noch die US-Geostrategie in Eurasien. Und so glaubte er einfach im Vorbeigehen irgendetwas über die „russische Geopolitik“ schreiben zu können. Das ist ihm gründlich misslungen.

      Was aber seine Äußerung über die Ukraine als einen „an westlichen Vorstellungen von Demokratie orientierten“ Staat angeht, so hält sie keiner Kritik stand. Statt darauf näher einzugehen, verweise ich auf meine zahlreichen Studien zur Ukraine,23 um es endlich mit meiner Antikritik bewenden zu lassen. Sie ist schon jetzt unbeabsichtigt viel zu lang geworden.

      Exkurs: Geopolitik versus Völkerrecht

      Abschließend möchte ich noch einmal ganz kurz das bereits oben angeschnittene Thema des Verhältnisses von Geopolitik zum Völkerrecht in Exkursform aufgreifen, um meinen Kontrapunkt zu Münklers Kritik noch mehr zu verdeutlichen.

      Als Geopolitiker müsste Münkler eigentlich wissen, dass im Zeitalter der ausgebrochenen Großmächterivalität die Geopolitik immer das Völkerrecht priorisiert. Es ist kein Zufall, dass die Befolgung des Völkerrechts erst dann gefordert wird, wenn es um dessen unterstellten Bruch seitens des geopolitischen Rivalen geht. Sehr schnell wird die Keule der völkerrechtlichen Legalität aus der geopolitischen Schublade genommen und mit ganzer Wucht der verbalen Gewalt auf den geopolitischen Gegner eingedroschen.

      Was dann völkerrechtlich als illegal proklamiert wird, hat primär einen geopolitischen Hintergrund. Das Verhältnis von Völkerrecht und Geopolitik ist im gegenwärtigen geopolitischen Machtumfeld entscheidend durch die Priorisierung der Geopolitik geprägt. Darunter ist ein Prozess zu verstehen, in dem das Völkerrecht durch geopolitische Zielvorgaben angewandt wird und kraft der geopolitischen Dezision gilt. Diese Dezision wird nicht im Rahmen des geltenden Völkerrechts getroffen, sondern im geopolitischen Machtkampf. Was völkerrechtlich gilt, wird geopolitisch entschieden.

      Insofern ist die Geopolitik dem Völkerrecht übergeordnet. Zwar steht die Geopolitik stets unter dem völkerrechtlichen Rechtfertigungszwang. Die Lösung dieses Dauerproblems liegt aber nicht in der Bindung der Geopolitik an das Völkerrecht, sondern in der Umdeutung des Völkerrechts im Sinne der geopolitischen Opportunität. Diese geopolitische Opportunität des Völkerrechts hat das Verhältnis von Völkerrecht und Außenpolitik grundlegend verändert.

      Die Forderung, das Legalitätsprinzip des Völkerrechts zu gewährleisten, hat zur Voraussetzung, dass diejenigen, die diese Forderung aufstellen, es selbst auch befolgen. Freilich verschleiert diese Forderung die seit Jahren stattfindende Geopolitisierung des Völkerrechts. Das Völkerrecht dient zunehmend dazu, den geopolitischen Status quo nicht nur zu perpetuieren und einen geopolitischen Rivalen zu delegitimieren, sondern das Legalitätsprinzip auch als Waffe im Informationskrieg zu instrumentalisieren.

      Für die westliche Geopolitik ist es eine nicht weiter zu begründende Prämisse, dass die innerwestliche Liberalität das staatenzentrierte Völkerrecht präjudiziert, wohingegen das russische völkerrechtliche Selbstverständnis auf die Vorstellungen vom unbedingten Souveränitätsrecht als Nicht-Einmischungsprinzip basiert, welches auf das symbiotische Verständnis von Macht und Raum zurückgeführt werden kann und muss.

      Das ist – um Münklers Kritik vorwegzunehmen – keine Reminiszenz der Schmittschen „Großraumtheorie“, sondern das Vehikel der russischen Geopolitik seit Jahrhunderten.

      Das geopolitisierte Völkerrecht opponiert – ohne die normativen Grundlagen des staatenzentrierten Völkerrechts grundsätzlich in Frage stellen zu wollen – letztlich gegen die im westlichen Sinne verstandenen „illiberalen“ innerstaatlichen Machtstrukturen, die zwar als legal, aber eben nicht als legitim angesehen werden, um sie dann im Namen des Völkerrechts axiologisch zu delegitimieren.

      Das Völkerrecht des 21. Jahrhunderts ist einerseits zum geopolitischen Machtinstrument der westlichen Außenpolitik und andererseits zum innerstaatlichen Legitimitätsprinzip der russischen Raummacht geworden. Damit sind zwei völlig konträre Intentionen in der teleologischen Deutung und Auslegung des Völkerrechts klar gekennzeichnet.

      An Stelle der ideologischen und bipolaren Systemkonfrontation der bipolaren Weltordnung ist heute ein geopolitischer Machtkampf der Groß- und Supermächte mit völlig unterschiedlichen Zielen getreten: Der Westen will seine Vorherrschaft, Dominanz und die Domestizierung des globalen Raumes aufrechterhalten bzw. weiter ausbauen, wohingegen Russland neben China seinen zentralgesteuerten Machtraum um jeden Preis axiologisch und souverän zu verteidigen trachtet.

      Versucht die westliche Außenpolitik das Völkerrecht zum überstaatlichen, menschenrechtlich fundierten Interventionsrecht umzufunktionieren, so beharrt das russische Völkerrechtsverständnis auf dem absoluten Primat des Souveränitätsrechts des staatenzentrierten Völkerrechts. Die westliche Außenpolitik der Menschenrechte sucht das Souveränitätsrecht der erstarkten Raummächte (Russland und China) auszuhebeln. Hier wird eine menschenrechtlich fundierte Legitimität über die staatenzentrierte Legalität gestellt und als höherrangiges und höherwertiges „Recht“ der internationalen Beziehungen verklärt.

      Dieses geopolitisch instrumentalisierte Legitimitätsrecht legitimiert sich durch sich selbst als durch die nicht weiter hinterfragbare Menschenrechtsideologie, die seit langem einen „extraterritorialen Rechtsschutz“ von Grund- und Menschenrechten postuliert und „in einer neuen Welt(un)ordnung . . . eine Neubewertung der territorialen, personalen und internationalen Dimensionen der Grund- und Menschenrechte“ fordert.24

      Geht man von dem Primat der Menschenrechte und dem daran geknüpften humanitären Interventionsrecht aus und betrachtet man sie als eine Art modernes Naturrecht, so stellt sich selbst dann immer noch die Frage: Wer entscheidet eigentlich darüber, wann, wie und wo dieses „Naturrecht“ zur Anwendung kommt?

      Spätestens mit dem Ende des Ersten Weltkrieges entsteht die Idee des überstaatlichen Völkerrechts, welche die Epoche des klassischen Völkerrechts endgültig zu Grabe trägt. Seitdem beobachten wir einen nicht enden wollenden Konflikt zwischen zwei zwar nicht gleichursprünglich entstandenen, wohl aber gleichwertig bestehenden Prinzipien des modernen Völkerrechts.

      Vor dem Hintergrund der geopolitischen Gegenwart zeigt sich, dass die zwei widerstreitenden, völkerrechtlichen Prinzipien weiter auseinanderdriften und zu geopolitischen Spannungen führen. Denn die Idee des überstaatlichen Völkerrechts versucht die historisch gewachsenen und ausgebildeten innerstaatlichen Machtstrukturen außer Kraft zu setzen und depraviert dadurch die bestehenden zwischenstaatlichen Beziehungen , da diese durch die universale, als „Welt- und Menschenrecht“ verklärte Idee des überstaatlichen Völkerrechts in Frage gestellt werden.

      Anmerkungen

      1. Münkler, H., Welt in Aufruhr. Die Ordnung der Mächte im 21. Jahrhundert. Berlin, November 2023,
      172-177.
      2. Silnizki, M., Geopolitik. Geotheologische und geoökonomische Betrachtungen. Berlin 2015.
      3. Silnizki, M., Russland und der Westen. Axiologischer Irrweg der westlichen Geopolitik. Berlin 2015.
      4. Silnizki, M., Außenpolitisches Denken in Russland. Im Strudel von Geopolitik und Identitätsdiskurs. Berlin.
      Oktober 2018; Geoökonomie der Transformation in Russland. Gajdar und die Folgen. Berlin, Januar 2020.
      5. Vgl. Silnizki, M., Der Geist der russischen Herrschaftstradition. Köln Weimar Wien 1991; Geschichte des
      gelehrten Rechts in Russland. Frankfurt 1991; Russische Wertlogik. Im Schatten des westlichen
      Wertuniversalismus. Berlin 2017.
      6. Zitiert nach Arendt, H., Elemente totaler Herrschaft. Frankreich 1958, 47 f.
      7. Zitiert nach Fraenkel, Deutschland und die westliche Demokratie. Stuttgart 1964, 20.
      8. Fraenkel (wie Anm. 7), 37.
      9. Zitiert nach Adolf Weber, Ende des Kapitalismus? München 1929, 24.
      10. Silnizki, Geopolitik (wie Anm. 2), 44; Münkler (wie Anm. 1). 173.
      11. Näheres dazu Silnizki, M., Zur Frage der europäischen Glaubwürdigkeit. Von der Umarmung der US-
      Geopolitik erdrückt. 28. Dezember 2022, www.ontopraxiologie.de.
      12. Hondrich, K. O., Auf dem Weg zu einer Weltgewaltordnung, NZZ 22.03.2003, S. 50; des., Die ordnende
      Gewalt, Der Spiegel 25/2003.
      13. Näheres dazu Silnizki, Russische Wertlogik (wie Anm. 5), 155 f.; 181 Anm. 410.
      14. Ipsen, K., Völkerrecht. München 62014, 5, 29.
      15. Merkel, R., Warum die Krim nicht annektiert wurde und der Westen „mit gespaltener Zunge“ redet,
      10.01.2018.
      16. Dazu Stark, Ch., Zum Annexionsproblem im Völkerrecht, in: Recht und Staat. Festschrift f. Günther
      Küchenhoff zum 65 G. am 21.08.1972. Berlin 1972, 851-867 (852).
      17. Vgl. Bogdandy, A. von/Hinghofer-Szalkay, S., Begriffsgeschichtliche Analysen im Spannungsfeld von
      europäischem Rechtsraum, droit public de l’Europe und Carl Schmitt. ZaöRV 73 (2013), 209-248.
      18. Göllner, N., Der Einfluss der deutschen Staatsrechtslehre auf den israelischen Verfassungsentwurf von 1948.
      Schriften zum Öffentlichen Recht (SÖR), Band 1364. Berlin 2018.
      19. Löwith, K., Weltgeschichte und Heilsgeschehen. Tübingen 1983, 214.
      20. Löwith, K., Wissen, Glaube und Skepsis. Stuttgart 1985, 262 f.
      21. Silnizki, M., Dreißig Jahre Nato-Expansion. Zur Vorgeschichte des Ukrainekonflikts. 4. Oktober 2023,
      www.ontopraxiologie.de.
      22. Vgl. Silnizki, Zur Frage der europäischen Glaubwürdigkeit (wie Anm. 11).
      23. Silnizki, M., Kampf um die Ukraine. Im Würgegriff von Geopolitik und Tradition. 18. Oktober 2021,
      www.ontopraxiologie.de; Silnizki, M., Ist die Ukraine noch zu retten? Zwischen Bürgerkrieg, Kulturkampf
      und Geopolitik. 21. Juni 2022, www.ontopraxiologie.de; Silnizki, M., Ist die Ukraine ein Failed State? Eine
      verfassungshistorische und geopolitische Betrachtung. 7. September 2022, www.ontopraxiologie.de.
      24. Giegerich, Th., Grund- und Menschenrechte im globalen Zeitalter: Neubewertung ihrer territorialen,
      personalen und internationalen Dimension in Deutschland, Europa und den USA, in: EuGRZ 2004, 758-777 (759).

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